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Reutlingen wird e-Bike City!

Nachdem Reutlingen, eine der kleinsten Großstädte Deutschlands, immerhin in den letzten Jahren den 4. Platz der Liste der dreckigsten Städte in Bezug auf Luftverschmutzung ergattern konnte, wuchs der Druck auf die Oberbürgermeisterin etwas zu machen.

Die Stadt leidet unter einem enorm hohen Verkehrsaufkommen, das sich auf wenige Hauptstraßen konzentriert. So zählte man an einer dieser Strassen 200.000 Autos pro Tag, massgeblich Pendler. Am Ausläufer der Schwäbischen Alb angesiedelt hat Reutlingen zwei Berge. Dadurch konzentriert sich das Strassennetz auf eine X-Form mit kleineren Ziel- und Quellstraßen, die zum Zentrum führen. Zudem findet aktuell eine Modernisierung der Wohnviertel der 50er und 60er Jahre statt, die Einfamilienhäuser am ehemaligen Stadtrand werden weiter vererbt und je nach Zustand häufig an Immobilienfirmen verkauft, die aus dem Einfamilienhaus mit großem Garten gerne zwei Wohnblöcke mit je 10-15 Parteien machen. Für den Verkehr bedeutet das, dass ein Rentner, der zwei Mal die Woche einkaufen fährt, ersetzt wird durch rund 20 Familien mit durchschnittlich 15 Autos und dementsprechend Pendelverkehr. Da Parken auf der Straße nichts kostet, wird auch die kostenpflichtige Tiefgarage nicht ausgenutzt, so dass die einst freie Straße einspurig mit Parkern zugestellt wird.

Alternativen wie öffentlicher Nahverkehr geriet in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit und gilt eher als unchic, um es nett zu formulieren. Radfahrer werden hingegen als Störfaktor wahrgenommen. Genau in dieser Situation findet der Verkehrskollaps statt, wo diese Alternativen dringend benötigt werden. Durch jahrelanges Vernachlässigen ist der Zustand dieser Alternativen mangelbehaftet. Und genau dies rächt sich nun. So wurde vor einigen Jahren hier in Reutlingen eine neue Ampelsoftware installiert, die in Summe etwas über 7 Mio Euro gekostet haben soll, zur Verbesserung des Radverkehrs steht hingegen jährlich nur ein Budget von knapp einer halben Millionen Euro zur Verfügung.

Auch wenn die Stadt nur die Alternativen zum Auto schaffen und bewerben kann, so bleibt es doch an der Gesellschaft, diese wahrzunehmen. In einem Autoland wie Deutschland, in dem das Auto immer noch Status und Geburtsrecht bedeutet, wird dies ein sehr zäher Prozess. Auch wenn in Wirklichkeit für das Pendeln mit dem Auto emotionslos betrachtet sich nichts Positives finden lässt. Autos sind ein Umweltproblem, Abgase, Flächenverbrauch und Lautstärke sprechen gegen diese. Auch dass man ein bis eineinhalb Tonnen Metall bewegen muss um rund 100 kg Humanmasse zu befördern, macht keinen Sinn. Gleichzeitig basieren unsere Zivilisationskrankheiten darauf, dass wir uns zu wenig bewegen.

Damit wird das Automobil zur Intelligenzfrage. Und wir als Gesellschaft müssen dessen Einsatz überdenken. Erst wenn alle anderen Alternativen nicht funktionieren, darf die Antwort Auto sein. Dazu muss man sich aber zuerst diese Frage stellen, was gerne bei Arbeitsplatz oder Wohnraumsuche vernachlässigt wird.

Der Staat fördert auch noch diesen Wahnsinn mit der Pendlerpauschale und der niedrige Benzinpreis deckt die Kosten der Umweltschäden und Krankheiten längst nicht ab. Dafür muss die Gesellschaft als Ganzes aufkommen. Meist sind es dann Versicherungsbeiträge die stetig steigen oder letztlich die Mehrwertsteuer. Dennoch schieben wir die Kosten der Umweltkatastrophe vor uns her und belasten damit maßgeblich die nachfolgende Generation(en) - genau diese, die wir morgens mit dem Auto die 150m in den Kindergarten/Schule fahren.
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